Von wegen Partnerschaftlichkeit

18.09.2015  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH.

In Deutschland ist die Erwerbsarbeit zwischen Männern und Frauen besonders ungleich verteilt.

Frauen in einer festen Partnerschaft sind in allen westlichen Industriestaaten seltener und mit weniger Stunden erwerbstätig als ihre Männer. In Deutschland ist die Aufteilung von Erwerbsarbeit in Paarbeziehungen besonders ungleich verteilt, wie eine Studie des WZB zeigt, in der die Arbeitszeitunterschiede in Paarbeziehungen in 27 Ländern untersucht wurden. In Deutschland beträgt der Arbeitszeitunterschied zwischen Männern und Frauen 16 Stunden pro Woche; in Slowenien nur 3 Stunden.

Geschlechtsspezifische Unterschiede in puncto Arbeitsmarktpartizipation und Arbeitszeiten von Frauen bestehen fast überall. Allerdings sind sie in manchen Ländern stärker ausgeprägt als in anderen. Erwerbsarbeit wird vor allem dann weniger egalitär aufgeteilt, wenn die Partnerin einen Beruf mit niedrigerem Status ausübt als ihr Partner und wenn das Paar Kinder hat. Der durchschnittliche Arbeitszeitunterschied innerhalb von Partnerschaften erhöht sich mit jedem Kind um fast sechs Stunden.

Ob die partnerschaftliche Verteilung von Erwerbs- und Familienarbeit gelingt, die in der modernen Familienpolitik als erstrebenswert gilt, hängt stark von den politischen und institutionellen Voraussetzungen ab, wie die beiden Forscherinnen Lena Hipp (WZB) und Kathrin Leuze (Universität Hannover) zeigen. Arbeitszeitunterschiede zwischen Partnern fallen in den Ländern geringer aus, in denen das Einkommen individuell besteuert wird und Kinderbetreuung gut ausgebaut ist, Männer und Frauen ähnliche Stundenlöhne für gleiche Arbeit bekommen und egalitäre Geschlechternormen vorherrschen.

Ein Vorzeigeland in dieser Hinsicht ist Schweden. Die durchschnittliche Arbeitszeitdifferenz zwischen Männern und Frauen, die in einer Beziehung leben, liegt dort bei rund sechs Stunden pro Woche. In Schweden, wo die Erwerbseinkommen individuell besteuert werden, unterscheiden sich die Arbeitszeitdifferenzen zwischen verheirateten und unverheirateten Paaren nicht. Anders sieht es in Deutschland mit seinem System des Ehegattensplittings aus: Hier ist der Arbeitszeitunterschied bei verheirateten Paaren um rund fünf Stunden höher als bei nicht-verheirateten Paaren.

Die Berechnungen basieren auf Daten der Europäischen Arbeitskräfteerhebung (EU LFS) und des Current Population Survey (CPS) aus dem Jahr 2011. Der Beitrag „Von wegen Partnerschaftlichkeit. Erwerbsarbeit ist bei den meisten Paaren in Europa und den USA ungleich verteilt“ ist in der Vierteljahreszeitschrift WZB-Mitteilungen erschienen. Die Studie wird außerdem unter dem Titel „Institutionelle Determinanten einer partnerschaftlichen Aufteilung von Erwerbsarbeit in Europa und den USA“ in der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie veröffentlicht (Jg, 67, H. 4).


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